Die Medien prägen in öffentlich verhandelten Fällen von sexueller Gewalt die allgemeine Wahrnehmung. Dadurch kommt ihrer Darstellung eine immense Wichtigkeit zu. Leider sind auch in den deutschen Medien Vergewaltigungsmythen, -verharmlosungen und die Übernahme der Täterperspektive verbreitet und werden so aufrechterhalten.
Vergewaltigungsmythen sind Vorstellungen und Überzeugungen, die Betroffenen von sexueller Gewalt eine Mitverantwortung für die Tat zuweisen. Dazu gehören auch Verharmlosungen und Relativierungen, mit denen das Verbrechen beschönigt oder verleugnet wird. Einen guten erklärenden Überblick hat die BR-Radiosendung Zündfunk Generator aufbereitet und definiert rape culture anhand dieser Kriterien:
- Sexualisierte Gewalt gehört zum Alltag ( Studien ermitteln 13 – 20 % der Frauen sind betroffen).
- „Stell Dich nicht so an!‘ (Verharmlosung von Straftatsbeständen, wie hier im Medienradar dargestellt)
- Schuldverschiebung: Betroffene hätten sich anders verhalten oder kleiden sollen und werden für die an ihnen begangene Straftat (mit-) verantwortlich gemacht
- Kultur, die sexuelle Gewalt befördert (Bsp.: Neinsagende Frauen meinten eigentlich Ja)
Diese Sichtweisen stehen in Zusammenhang mit den geringen Verurteilungsraten bei Straftaten gegen die sexuelle Unversehrtheit1, weil sie sich traditionell in der Gesetzgebung niedergeschlagen haben, und aktuell bei der Art der Gesetzesanwendung wirksam sind.
Wir möchten in unserem Medienradar auf Fälle medialer Verbreitung solcher Sichtweisen aufmerksam machen, sie analysieren und langfristig einen Bewusstseinswandel bewirken – auch bei den Verantwortlichen in den Redaktionen.
Hinweise könnt ihr uns gerne über unser Kontaktformular oder als Kommentar zuschicken.
Texte
- Der Unterschied zwischen akzeptablen und inakzeptablen Tätern. Über das plötzliche Interesse an sexueller Gewalt nach den Übergriffen der Silvesternacht
- Wagner-Wahn und Vergewaltigungsphantasien
- Das Marketing von Triberg und männliche Verfügungsgewalt
- Rape Culture: Der Fleischhauer weiß es und bedarf nicht des Beweises
- Stimmungsmache gegen ein besseres Sexualstrafrecht. Wie ein Richter des Bundesgerichtshofs und die ZEIT gegen Frauenrechte agieren
- Warum ein Vergewaltigungsopfer keine „Akteurin des Blowjobs“ ist oder:
Wie Vergewaltigungsmentalität von der Mädchenmannschaft verteidigt wird - Über die aktuelle Richtung des Diskurses in den Medien. Übernahme der Täterperspektive bei „Kein Täter werden“ und anderswo.
- Warum eine Vergewaltigung kein Blowjob ist.
- In Bayreuth ist die Welt „vom Gefühl her” noch in Ordnung
- Nur ‘Sexskandal’ oder doch ‘sexuelle Belästigung’?
- Offener Brief an HNA zu Prozessbericht in Kassel
- Nette Nachrufe bitte nur bei sexueller Gewalt?
- Das jugendliche Aussehen des Roman Polanski
- Faktencheck für Kachelmann
- Kotzen über Klaus Kinski und die Süddeutsche
1 Die Verwendung des Begriffs „sexuelle Unversehrtheit/Integrität“ übernehmen wir von dem Blog „vergewaltigt angezeigt einegstellt“, auf dem er gut erklärt wird.