Das Marketing von Triberg und männliche Verfügungsgewalt

2 Kommentare.

Es soll angeblich um satirische Kunst gehen: Nachdem das Medieninteresse um den 1. Männerparkplatz im Parkhaus der Stadt Triberg und damit auch um jenen Schwarzwaldort selbst sank, wurde nun für eine Aufsehen erregende Wandbemalung jenes Parkraumes gesorgt.

Bildrechte: S. Haas (B.o.l.), D. Stein (B.u.l.)

Von einer sexistischen Werbung zur nächsten: ‚Daumen runter‘ auch im Hinblick auf sexuelle Gewalt. Bildrechte für die beiden Originalbilder: S. Haas (B.o.l.), D. Stein (B.u.l.)

Dementsprechend soll die Parkhausbemalung offenbar nochmal Eins draufsetzen und bemüht sich eifrig darum, die als Vorlage verwendete Werbekampagne der Region „Große Berge, feuchte Täler & jede Menge Wald“ in Sachen Sexismus zu toppen.  Die neue Grafik titelt nun  mit „Steile Berge, feuchte Täler“ über einem Frauenkörper, der  noch eindeutiger  in die Horizontale positioniert wurde.  Und damit auch keine Fragen hinsichtlich Besitzverhältnissen offen bleiben, wurden die genitalen Körperregionen mit dem Schild „1. Männerparkplatz“ überschrieben.

Die Marketingkampagne des Bürgermeisters läuft also auf der Ebene der (Wieder-) Inbesitznahme weiblicher (Körper-) Räume ab. Auf diese Aktion ist der Bürgermeister stolz, fordert selbstgefällig Humor dafür ein,  und verhöhnt folglich auch die bislang geleistete Präventionsarbeit gegen Gewaltübergriffe gegenüber Frauen in der Öffentlichkeit.
Was eingangs vielleicht noch wie ein harmloser Werbegag verstanden werden könnte, stellt sich in seiner wiederkehrenden und immer drastischeren Vehemenz als Ausdrucks eines Geschlechterkampfes dar. Und zwar um die Frage welcher Raum Frauen für Respekt und Schutz zugestanden wird. Letztlich geht es also auch wieder um das Bedürfnis, Macht ausüben zu wollen.  Auf diese Weise schließt sich nun der Kreis und kommt bei den Gründen von sexueller Gewalt an.

Bleibt zu hoffen, dass jene, die die Wirkmächtigkeit solch sexistischer Werbekonzepte nicht unterstützen wollen, entsprechende Entscheidungen treffen und wie in diesem Fall eben woanders Urlaub machen. Vielleicht ja schon nebenan, in Unterkirnach, wo bereits das ‚Ferienland Schwarzwald‘ – Plakat als „Negativ-Werbung“ empfunden wurde.

Zum Weiterlesen:
Südkurier – Artikel: Frauenfeindlich oder Satire

Hinweis bei EMMA auf sexistische Werbung von ‚Ferienland Schwarzwald‘

Südkurier – Artikel: Erster Parkplatz nur für Männer

 

 


 

UPDATE 17.08.2015

Zwischenzeitlich hat sich aufgrund der massiven Proteste Tribergs Gemeinderat von dieser „primitiven Aktion“ distanziert. Zudem hat der Urheber der Grafik diese nun teilweise übermalt, insbesondere die nackte Frauengestalt in eine tatsächliche Berg- und Tal-Landschaft überpinselt. Angeblich auf eigenen Entschluss hin. Ob dieser ähnlich kalkuliert war, wie das Ansinnen des Bürgermeisters, Negativ-Werbung als Werbung nutzen zu wollen, bleibt offen aber auch sekundär.

Denn letztlich hat die Aufregung auch Folgendes bewirkt:

  • Diverse Menschen freuen sich über Einigkeit und Solidarität in Sachen Sexismus. So z. B. :

Gaby Ilsestocher Schöne Kommentare gelesen. Bitte mehr davon!“

   (auf der FB-Seite von Aufschrei – Schluss mit Sexismus).

  • Immer mehr Menschen fühlen sich nun verantwortlich, Stellung gegen sexistische Werbung beziehen zu müssen. Wie z. B. der Gemeinderat. Und sicherlich waren Einige von ihnen sich zuvor der Problematik weniger bewusst, was sexistische Werbung bedeuten und verursachen kann.

Insofern: Besten Dank an Bürgermeister und Grafiker! Dennoch:  nicht zur Nachahmung empfohlen! 😉

2 Responses to “Das Marketing von Triberg und männliche Verfügungsgewalt”

  1. Corina

    Es gibt zum Thema eine Petition, für alle, die sich gegen die sexistische Grafik „Steile Berge, feuchte Täler“ positionieren wollen.

    https://www.openpetition.de/petition/online/steile-berge-feuchte-taeler-nein-zu-geschmackloser-kunst-im-parkhaus-triberg

    Natürlich stellt sich die Frage,ob es Sinn macht, hier Zeichen der Abgrenzung, Empörung etc. zu setzen. Denn auf diese Weise erhält die Stadt die beabsichtigte Aufmerksamkeit. Da es sich aufgrund der wiederholenden Vehemenz und anderer Umstände meiner Meinung nach aber auch um eine Machtfrage handelt (s. Medienradarbericht), sage ich: JA!

    Zudem wird diese Aufmerksamkeit, vornehmlich in Form von negativer Publicity, letztlich nicht zu nachhaltig, erhöhten Besuchszahlen vor Ort führen.
    In diesem Sinne hoffe ich (immer noch), dass Initiatoren von Werbekampagnen auch mal begreifen, dass Sexismus und Co. sich letztlich nur kontraproduktiv auswirken. Und dafür braucht’s m. E. (noch) der klar distanzierten Feedbacks der Öffentlichkeit.

    Was meint Ihr?
    Offener Dialog und Vorschläge sind auf der Webseite herzlich willkommen.

    Antworten
  2. Corina

    Und dabei ist sexistische Werbung auch ökonomisch unsinnig

    Was sich spätestens an simplen Beispielen wie Tribergs sexistischer Werbeaktion zeigte, wurde nun durch eine psychologische Studie der Ohio State University belegt. Die FAZ berichtet: „Sex und Gewalt erregen umso mehr Aufmerksamkeit, je mehr sich die Menschen ums Überleben sorgen. (…) Je emotionaler die Werbung und ihr Umfeld sind, desto weniger nützt Werbung. Das gilt sogar für den amerikanischen „Super Bowl“, Amerikas Fernseh-Highlight, in dessen Pause immer besonders ausgefeilte Werbespots gezeigt werden.“.
    Allerdings stellten die Forscher auch eine abnehmende Tendenz fest, und vermuten eine über die Jahre stattfindende Gewöhnung im Sinne eines Abstumpfungsprozesses. Dieser Umstand gibt auch bezüglich dem gesellschaftlichen Umgang mit Pornografie zu denken.

    Interessant war auch am Artikel, der sich ausschließlich dem Thema Werbung durch nackte Haut widmete, wie häufig das Wort „sexistisch“ genannt wurde: Gar nicht. Stattdessen war von „sexueller Werbung“ die Rede.

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswissen/sex-doesn-t-sell-studie-ueber-sex-und-gewalt-in-der-werbung-13759984.html

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