In Bayreuth ist die Welt „vom Gefühl her“ noch in Ordnung

Ein Kommentar.

Dieses Bild will offenbar Amelie Wollny im Nordbayerischen Kurier lieber malen, während andernorts die Medien wesentlich beunruhigter auf die aktuelle Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen hinweisen. Eine bittere Ironie, der in diesem Bericht ironisch begegnet wird.

Hier das Rezept für eine schönere, heilere Welt:

Unschöne Fakten, wie die Verurteilungsquote von 8 %, wirken weniger unvorteilhaft wenn konkrete Nennungen in Zahlen vermieden werden.

gestempelte Schrift: "verharmlosend!"Statt dessen lieber alles in reichlich Gefühl tünchen. Dazu eignet sich ein Justiziar, mit dessen Titel sich allzu graue Studienergebnisse besser überblenden lassen. Hier also das Zitat des Bayreuther Oberstaatsanwaltes Herbert Potzel, der den leidlichen Studienergebnissen wirklich etwas entgegen zu setzen weiß: „Vom Gefühl her glaube ich aber nicht, dass das bei uns so ist. Die Freispruchquote ist eher sehr gering.“.

Das Ganze noch etwas aufhübschen mit einer Rechtsanwältin, die der Aussage beistimmt und sich ihrer eigenen Erfolgsquote lobt. Dass die meisten Verfahren gar nicht erst den Weg in die Gerichtssäle finden, weil sie vorher eingestellt werden, damit wirkungsvoll ausgeblendet.

Anmerkung:

Laut Studie des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) landen 4% der angezeigten Fälle vor Gericht, was letztlich zur einer Verurteilungsrate von 2% führt. Diese wenigen Verurteilungen basieren wiederum laut Prof. Ulrike Lembke  zum Großteil auf Bewährungsstrafen (bei Erwachsenen 92%).

 

Das Prinzip Unschöne Zahlen auslassen lässt sich beliebig weiter führen

Denn besser lesen sich, dass „sich die Anzeigebereitschaft von Frauen in solchen Fällen „stark“ erhöht“ habe und „die Hemmschwelle, zur Polizei zu gehen (…) Gottseidank viel geringer als früher“ sei als denn marginale 7% Anzeigenquoten (laut BMFSFJ) abbilden zu müssen.

Um das Ganze nach dem Ritterschlag für die bayerische Justiz noch abzurunden, sollte auch die Polizei von jeglicher Kritik befreit werden, die durch die Studine aufkeimen könnte.  Wie praktisch, dass jene Anwältin Benker-Roth den „Bayreuther Kripo-Beamten“ attestiert, „sehr gut und gründlich“ zu sein. Auf diese Weise lässt sich zwar über sexuelle Gewalt schreiben, ohne jedoch die Wahrnehmungen der Betroffenen miteinzubeziehen. Deren Erfahrungen nach, waren sie  38%  „mit der polizeilichen Reaktion unzufrieden bis sehr unzufrieden“ (BMFSJ).

 

Ernstes Fazit

Die Welt sexueller Gewalt so zu erkennen bzw. anzuerkennen wie sie tatsächlich ist, wäre der erste Schritt zur Verbesserung. Aber es wäre nicht nur reichlich unbequem sondern hieße auch, all die Unzulänglichkeiten von Polizei, Justiz und gerade auch der Gesellschaft mit ihren Vorurteilen auszuhalten; vor allem die begründete Angst, dass eine Anzeige bei Sexualgewalt nicht in justizieller Anerkennung mündet. Besonders problematisch ist zudem, dass so zur Verharmlosung sexueller Gewalt und zum Klima des Misstrauens gegenüber Betroffenen, auch unwillentlich, beigetragen wird.

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Zum Weiterlesen:

Prof. Gerd Bohner über Vergewaltigungsmythen unter Frauen: „Sie bauen sich damit eine Illusion der Unverwundbarkeit auf.“

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