Rape Culture: Der Fleischhauer weiß es und bedarf nicht des Beweises

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Wirklich ernst wird dieser Kommentar nicht. Wie wäre es auch möglich, die aktuelle SPON – Kolumne zum Thema Rape Culture von Jan Fleischhauer  ernst zu nehmen. Er scheint es ja noch nicht einmal selbst zu tun, wenn er seine Behauptungen in abenteuerlicher Selbstgefälligkeit wider jeglicher Belege aufstellt.

Wer sich also lieber nicht den weniger schönen Tatsachen der Rape Culture stellen will, mag nach Fleischhauers Vorbild dieser Anleitung folgen:

Befund zur Kolumne: verharmlosend!

Schritt 1
Studien mit besorgniserregenden Zahlen zu sexueller Gewalt einfach per se für unglaubwürdig erklären. Dazu nehme man das ‚Argument‘ der Aufwandsentschädigung; in diesem Fall sollen die Teilnehmerinnen einen Amazon-Gutschein erhalten haben. Praktischer Nebeneffekt: damit werden gleich alle Studien, die den Befragten eine Aufwandsentschädigungen gewähren, per Rundumschlag für unglaubwürdig erklärt. Jedoch dann keine Nachfragen darüber zulassen, wieso eine Entschädigung bestimmte Antworten produzieren soll, wenn sie doch allen Teilnehmenden gewährt wird.

Schritt 2
Dazu nehme man eine ordentliche Prise Rassismus und Othering und verschiebe die Probleme in eine andere düstere Welt, am besten eine, der man als weiß privilegierter Mensch nicht angehört. Wer „aus gutem Hause“ kommt, und das tun doch die meisten gern (oder nicht?!), bräuchte sich schon nicht mehr zu sorgen. Ja, so einfach geht das mit der heilen Welt.

Schritt 3
Zurück zum Thema Ernst. Wer das Thema sexuelle Gewalt allzu ernst nimmt, müsste sich unschönen Gefühlen der Wut, Sorge und Ohnmacht stellen oder sich gar noch gegen sexuelle Gewalt einsetzen. Huch, das wäre ja nicht so angenehm! Einfacher geht’s so: Ernsthafte Bemühungen anderer zum Thema mit angenehm ironisch-sarkastischer Leichtigkeit als übertrieben und lustfeindlich darstellen. Diesem Einspruch widerspricht kaum jemand gern, denn wer will in unserer immer heiter-sinnenfreudigen Welt schon als unsexy gelten?

Zum Schluss noch ganz im Ernst

Das unschöne Thema sexuelle Gewalt scheint nicht in eine Weltanschauung zu passen, in der davon ausgegangen wird, dass selbstverständlich alle Menschen immer gern Sex haben wollen bzw. wollen sollten. Wer nicht so empfindet, dem oder der muss eben (ab-)geholfen werden.
Und doch gehört zur Beschäftigung mit Sexualität natürlich auch die Auseinandersetzung mit sexueller Gewalt. Die Beschäftigung mit diesem Thema ist gesellschaftlich und medial nur auf der Konsumebene, und dort dann auch richtig, angesagt.  Die dazugehörigen Schattenseiten werden aber werden als unappetitlich ausgespart, und in manch Kolumne und Co. gar noch unverdaulicher gemacht.

Und wie gehen wir mit dem Konsum anderer Sinnenfreuden um? Zum Genuss eines guten Essen gehört natürlich die  Überlegung, welche Zutaten dafür gut und lecker sein werden – und welche nicht. Sicher, es gibt auch Menschen, die darüber weniger nachdenken. Doch hilft ihnen die mangelnde Auseinandersetzung gegen mögliche Folgen, wie Krankheiten und schlicht weniger Lebensqualität, nicht.
Deshalb macht es Sinn, sich lieber mit unschönen Themen zu konfrontieren und sich so das Leben über den kurzen Moment des schönen Scheins hinaus wirklich schöner zu machen. Denn solange sexuelle Gewalt ein ‚Kneifzangen-Thema‘ bleibt, das nur unter Zwang angerührt und der Unannehmlichkeiten wegen schnellstmöglich fallen gelassen wird, wird es als Massenphänomen weiter existieren. Massenhafte Sexualstraftaten, massenhafter Unglaube gegenüber Betroffenen und massenhaft unbeabsichtigte Unterstützung von sexueller Gewalt als massenhaft folgenloses* Verbrechen.


* Folgenlos meint in diesem Zusammenhang hauptsächlich fehlende justizielle Konsequenzen. Und zwar einmal hinsichtlich der Behinderung weiterer Straftaten der Täter. Zum anderen aber auch bezüglich der Anerkennung der Aussagen und der Lage Betroffener und ggf. der Gewährung entsprechender Unterstützung. Darüber hinaus ist allerdings auch die gesellschaftliche und politische Sorge in Form von Präventionsarbeit gemeint. Denn dass Sexualstraftaten stets Folgen (egal welcher Art) für die Betroffenen haben, dürfte ja klar sein.

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