Kachelmanns Parallelwelt

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Jörg Kachelmann und seine Frau Miriam Kachelmann scheinen in einer Parallelwelt zu leben. In ihrer Welt gibt es eine „Opferindustrie“, in der Alice Schwarzer und ihre „Vasallinnen“ Feldzüge gegen falschbeschuldigte Männer führen und so angeblich eine Kriminalisierung des männlichen Geschlechts anstreben würden. Diese O-Töne sind dem Interview im aktuellen Spiegel – oder nennen wir es eher Verkaufsgespräch – im Zuge der Buchveröffentlichung der Kachelmanns über den Vergewaltigungsprozess entnommen.

Falsche Beschuldigungen – ein großes Problem?

Ziemlich ekelhaft flankiert der Spiegel diese unfassbaren Aussagen über die „gewohnheitsmäßig männerverurteilenden Justiz“ mit aufmunternden Nachfragen und Anregungen und erhält Antworten wie diese:

Im Bereich Missbrauch und Vergewaltigung sind Falschbeschuldigungen ein Massenphänomen geworden.

Diese Aussage entspricht zuallererst nicht der Wahrheit und noch viel schlimmer, sie hat eine fatale Signalwirkung für Opfer. Es wird impliziert, dass ein Gros der Beschuldigungen bei Missbrauch und Vergewaltigung nicht stimmen, also schlichtweg erstunken und erlogen sind. Ein solcher Generalverdacht gegen die Opfer zu erheben ist mehr als fahrlässig. Nicht nur wird den Opfern hier signalisiert, dass sie generell nicht glaubwürdig sind, sondern sie werden auch unter den Generalverdacht der Falschbeschuldigungen gestellt.

Entgegen Kachelmanns Äußerungen ist der tatsächliche Anteil an falschen Beschuldigungen bei Sexualdelikten verschwindend gering. Die Quote der Falschanschuldigungen bei Vergewaltigung liegt bei nur 3 Prozent. Auch in anderen Ländern ist das Problem der Falschanschuldigung marginal und rangiert zwischen 1-9 Prozent.

Die Realität: Massive sexuelle Gewalt gegen Frauen

Herrn Kachelmanns Unfug sollen hier die Fakten zum Thema Sexueller Gewalt gegen Frauen gegenübergestellt werden, denn fast jeder 7. Frau in Deutschland ist von sexueller Gewalt betroffen.

13 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen haben seit dem 16. Lebensjahr strafrechtlich relevante Formen sexueller Gewalt erlebt. Das heißt Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung oder unterschiedliche Formen von sexueller Nötigung. Rund 25 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen ist körperliche oder sexuelle Gewalt (oder beides) durch aktuelle oder frühere Beziehungspartnerinnen oder –partner widerfahren.

Kaum Anzeigen bei sexueller Gewalt

Diese Zahlen sind für sich genommen schon erschreckend und traurig genug, doch richtig schockierend wird es erst, wenn die Zahl der erlebten Gewalttaten in Bezug zur Rate der Anzeigen gesetzt wird, denn nur ein Bruchteil der Sexualstraftaten werden angezeigt.

Laut der Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen“ haben nur 8 Prozent der Frauen, die sexuelle Gewalt erlebt haben, die Polizei eingeschaltet. Da nicht wenige Frauen mehrfach sexuelle Gewalt erlebt haben, liegt die Quote der polizeilich angezeigten sexuellen Gewalthandlungen bei unter 5 Prozent.

Jährlich werden ca. 8.000 Vergewaltigungen in Deutschland angezeigt. Von 100 angezeigten Vergewaltigungen enden im Schnitt nur 13 mit einer Verurteilung, damit liegt die Verurteilungsquote bei 13 Prozent. Diese Verurteilungsquote ist im europäischen Ländervergleich unterdurchschnittlich.

Im Zweifel für den Angeklagten: Freispruch nicht aus Unschuld

Um in Erinnerung zu rufen, wie der Freispruch Kachelmanns zustande kam, sei daran erinnert, dass das Landgericht Mannheim nicht von der Unschuld des Angeklagten überzeugt war, diesen jedoch aus Mangel an Beweisen nicht verurteilen konnte. Hier das Zitat aus der Urteilsbegründung:

Der heutige Freispruch beruht nicht darauf, dass die Kammer von der Unschuld von Herrn Kachelmann und damit im Gegenzug von einer Falschbeschuldigung der Nebenklägerin überzeugt ist. Es bestehen aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Zweifel an der Schuld von Herrn Kachelmann. Er war deshalb nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ freizusprechen.

Ein wichtiger Punkt ist hier, dass das Gericht eben nicht von einer Falschbeschuldigung der Nebenklägerin ausgeht.

Trotzdem druckt der Spiegel munter Kachelmanns Unschuldsversicherungen ab, er sei „nie gewalttätig“ gewesen und habe erst recht nie jemanden vergewaltigt. Vielleicht entspricht dies der Wahrheit, ein Freispruch an Mangel an Beweisen legt dies aber mitnichten nahe … Schade, dass der Spiegel hier eine moralisch mehr als fragwürdige, aber auch vor allem journalistisch unsaubere und boulevardistische Arbeit abliefert.


Weiterlesen:
In Deutschland herrscht faktische Straflosigkeit sexualisierter Gewaltdelikte”, ein Interview, das Maria Wersig mit Dr. iur. Ulrike Lembke für das Missy Magazine geführt hat.
Vergewaltigung – das straflose Verbrechen„, Beitrag in der EMMA im Herbst 2010.


Kätzchen Kotzt

Kätzchen Kotzt


Dieser Artikel erschien bereits am 09.10.12 im Blog von Kätzchen Kotzt

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