Aktuell berichtet die Süddeutsche Zeitung über den „Sexskandal von San Diegos Bürgermeister“ Bob Filner, der sich beispielhaft in die Liste „frivoler Skandale“ diverser US-Politiker einreihe.
Wer sich durch den Anfang des Artikels und der beispielhaften Auflistung eher harmlos anmutender Affären von Kennedy und Co. liest, wird wohl kaum vermuten, dass Filners Benehmen gar strafrechtlich relevant sein könnte. Tatsächlich hat der Bürgermeister nämlich mit stoischer sexueller Belästigung den Begriff „Filner-Schwitzkasten“ geprägt. Die SZ findet, dies klinge „wie ein schlimmer, in der amerikanischen Politik indes gar nicht so selten vorkommender Sexskandal“ und scheint den wahren Skandal hauptsächlich in Filners Dreistigkeit zu sehen, mit der er als einzige Konsequenz lediglich eine Sexualtherapie machen und die Kosten dafür auf die Stadt abwälzen wolle. Der Bürgermeister argumentiert hier mit dem Versäumnis der Stadt, ihrer Bevölkerung Aufklärungsprogramme zu sexueller Belästigung anzubieten. „Das Schlimme daran ist, dass Filner damit durchkommen könnte. Mehrere Experten haben angedeutet, dass die Stadt San Diego tatsächlich verantwortlich gemacht werden könnte.“ befindet die SZ.
Der Sachverhalt der sexuellen Gewalt wird damit kaum aufgeklärt und zudem noch verharmlost. Offenbar wiegt bei der SZ das emotionale Leid Vieler weit weniger als die Gier eines Einzelnen.
Was die SZ verharmloste
Dagegen zeigt der Tagesspiegel ein weitaus größeres Interesse gegenüber den Vorwürfen zu sexueller Gewalt:
Die 57-jährige Irene McCormack Johnson gab an, Filner hätte seinen Arm um ihren Nacken gelegt und sie „wie eine Puppe“ hin- und hergezogen, während er dabei sexuelle Kommentare machte. Ein anderes Mal habe er sie gebeten, ohne Unterwäsche zu arbeiten. Ihrer Aussage zufolge seien auch andere Mitarbeiter im Büro ähnlichen Übergriffen ausgesetzt. „Frauen werden von ihm als Sexobjekte oder Idioten gesehen.“
Diese Frau ist derzeit eine von 8 Angestellten, die die Belästigungen gemeldet haben. Eine weitere Mitarbeiterin stellte klar, dass keine Frau vor Filners Zudringlichkeiten sicher sei. Hoffentlich ändert sich das, wenn Presse und Öffentlichkeit dies als das vorrangig zu lösende Problem betrachten, anstatt auf Nebensächlichkeiten abzuschweifen. Weiterhin ist eine Sensibilisierung gegenüber dem Wort „Sexskandal“ notwendig, damit Geschädigten nicht unterschwellig eine ‚Mittäterschaft‘ zugeschrieben wird.
Update:
„Der demokratische Bürgermeister von San Diego sieht sich zum Rücktritt gezwungen – spricht aber von einer Lynchjustiz. “
http://www.stern.de/politik/ausland/vorwurf-der-sexuellen-belaestigung-buergermeister-von-san-diego-tritt-zurueck-2053321.html#utm_source=standard&utm_medium=rss-feed&utm_campaign=alle